Hans-Jürgen Herschel, 2005

Über die Landschaft Hanischs

Wandern wir doch ein wenig, wandern wir hinein in die Landschaften Joachim Hanischs. Doch hier stockt man schon. Wenn auch die Horizonte oft weit sind, Unendliches versprechen, so geht doch kein Sog von diesen Bildern aus, der uns hineinzöge in sie, den Wunsch in uns weckte, zu verschwinden in ihnen. Vielmehr scheint den Farben ein Anti-Romanticum beigemischt, das die Atmosphäre des Fremden, Befremdlichen, Ungeheuren entstehen lässt. Nicht zufällig trägt eines der Bilder den Titel „Das Trugschloss“, spielt mit dem Wort „Trugschluss“, unterminiert unseren Glauben an Rationalität, bietet ein Schloss, von dem man nicht weiß, ob es eine Fabrik ist, ein Reaktor, eine verspielte Moschee, eine geträumte Fata Morgana. Wo in diesen Bildern Orientierung gegeben wird, geschieht es mit perspektivisch auf den Horizont zulaufenden, nein: zustürzenden Baumreihen oder Strommasten. Das Ordnungsprinzip der Perspektive erscheint aber hier eben nicht mehr Sinn stiftend, sondern Sinn parodierend. Das erklärt unser Zögern, diese Bildräume identifikatorisch zu betreten – und nicht nur uns geht es so: die Landschaften selbst sind menschenleer. Der Schriftsteller Peter Rosei hat einmal ein Buch geschrieben mit dem Titel: „Entwurf für eine Welt ohne Menschen“. Sind Hanischs Bilder solche Entwürfe? Um Verwechslungen zu vermeiden: Die Rede von der unberührten Natur meint etwas ganz anderes, eine Menschenleere vor dem Erscheinen des Menschen, in der sich viel Sehnsucht nach Ruhe niederschlägt. In diesen Bildern haben wir es mit einer Menschenleere nach dem Verschwinden des Menschen zu tun, mit Landschaften, durch die der Menschblind, verwüstend hindurchgegangen ist. Was er dabei hinterlässt, sind auch die technoiden Wucherungen, eine Architektur, die außer Kontrolle geraten ist, weiß wie Schimmel, aber auch so märchenschlossartig, so lockend, so lügend ….